Goldene Sonne, bunte Wälder: Den Indian Summer gibt es auch in Deutschland. Eine ideale Zeit für Aktivurlauber und Wellness-Fans. Und Genießer, denn es ist Erntezeit.

Den Herbst als Nachsaison zu bezeichnen – das wäre ungerecht: Er ist zwar kühler, aber umso bunter, und er regt an. Die Farbenpracht der Wälder explodiert, es ist die goldene Jahreszeit, in der das Draußensein erfrischt. Wenn es nicht mehr so heiß ist, ist die Zeit der Aktivurlauber angebrochen, der Ernte und Weinlese. Und der Tiefenentspannung.

In den schönsten Gelb-, Orange- und Rottönen beginnen die Blätter der Laubbäume zu leuchten, dann segeln sie zu Boden, Waldwege verwandeln sich zu einem Mosaik. Es duftet würzig.

Den Indian Summer, auch Altweibersommer genannt, können Sie im waldreichen Deutschland vielerorten genießen – vom Nationalpark Jasmund auf Rügen im Nordosten der Republik, wo nahe der bekannten Kreidefelsen Buchenwälder wachsen, bis zum Hochschwarzwald im Südwesten, wo die Waidbuchen Wanderer in einen Blätterrausch versetzen. Und in den übrigen Mittelgebirgen sowieso. Zu den heißen Tipps im kühlen Herbst zählt der Spessart, der größte zusammenhängende Laubmischwald, der sich zwischen Bayern und Hessen erstreckt.

Auch im Edertal in Nordhessen explodieren die Farben, so viele Buchen auf einer Fläche wie dort gibt es in ganz Europa kaum wieder. Mit seinen Rotbuchen gehören Teile des Nationalparks Kellerwald-Edersee zum UNESCO-Weltnaturerbe. Toll ist der Urwaldsteig, von dem aus sich immer wieder Aussichten auf den Edersee eröffnen, der am Morgen im Herbstnebel fast mystisch daliegt. Also – früh losmarschieren!

„Wir gehen in die Pilze!“ sagen die Deutschen, wenn sie sich auf die Suche nach Steinpilz, Pfifferling oder Krause Glucke machen. Für viele ist das Suchen und Sammeln, wenn es über weichen Waldboden, den Korb in der Hand, querfeldein geht, eine Beschäftigung abseits des Alltagsstresses.

Aber man muss es wiederholen: Wer Pilze zum Verzehr sammelt, muss sich wegen der Vergiftungsgefahr mancher Arten auskennen, im Zweifel Abstand nehmen oder einen Pilzsachverständigen aufsuchen, der das Sammelgut begutachtet. Oft bieten die Mykologen auch Pilzlehrwanderungen an.

Selbst Städtetrips lassen sich gut mit der Pilzleidenschaft verbinden. So lockt die Hauptstadt Sachsens mit der Dresdner Heide. Auch der Heidelberger Stadtwald ist ein tolles Pilzgebiet ebenso der Berliner Grunewald oder der Spandauer Forst. Beispiele unter vielen.

Der Herbst ist die Zeit der Ernte. Baumobst Nummer eins ist der Apfel, vor allem in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen wird er angebaut. Auf thematischen Wanderwege erfahren Sie mehr darüber. Im Bergischen Land in Leichlingen können Sie auf den „Obstweg" einschwenken. In Frickingen nördlich vom Bodensee gibt es den „Apfelrundweg“ und eine Schlechtwetter-Alternative: Das Bodensee-Obstmuseum informiert über die Geschichte des Anbaus sowie Zucht und Ernte.

Noch ein Geheimtipp gefällig? Esskastanien! Im Pfälzerwald, größtes zusammenhängendes Waldgebiet Deutschlands, wachsen neben den vielen Nadelbäumen auch Edelkastanien, einst von Bayernkönig Ludwig I. angepflanzt. Im Oktober fallen die reifen Früchte von den Bäumen, die stacheligen Hüllen platzen auf. Jetzt wird gesammelt, am besten entlang des ausgeschilderten Keschdewegs (Keschde auf Pfälzisch = Kastanie).

Die Pfalz zählt neben Baden, Rheingau oder Franken zu Deutschlands Top-Weinregionen. Die Böden bringen hervorragende Trauben und Jahrgänge hervor. Und der Herbst ist die Zeit der Weinlese, die oft mit Festen gefeiert wird.

Dreizehn so genannte Qualitätsweinanbaugebiete zählt Deutschland, die meisten im Südwesten. Sachsen zählt zu den kleinsten. Der Sächsische Weinwanderweg führt in sechs Tagesetappen à 15 bis 18 Kilometer entlang der Elbe durchs Dresdner Umland zu den schönsten Weinbergen und Aussichtspunkten, und unterwegs ergeben sich etliche Gelegenheiten für ein Gläschen des seltenen Goldrieslings – in Weinkellern, gemütlichen Weinlokalen oder „Straußenwirtschaften“. Dabei handelt es sich um zeitweise geöffnete Lokale auf Weingütern, in denen die Winzer ihre selbsterzeugten Tropfen ausschenken. Je nach Region ist manchmal auch von „Besenschänken“ oder „Häckerwirtschaften“ die Rede.

Die steilsten Weinhänge säumen die Mosel zwischen Koblenz und Trier, darunter der steilste in ganz Europa: der Calmont bei Bremm an der bekannten Moselschleife, wo zwei Weinbau-Einzellagen fast am Berg zu kleben scheinen. Wer den Calmont Klettersteig bis zum Gipfelkreuz erklimmt, genießt tolle Ausblicke – auf den goldgelben Farbschimmer der Weinhänge, die Mosel, die Klosterruine Stuben.

Der Herbst ist die Zeit der kräftigen Winde und der wärmenden Feuerstellen. Ein Strandspaziergang an Ost- oder Nordsee in der kühleren Jahreszeit wirkt wie eine Frischzellenkur. Die reine Seeluft stärkt das Immunsystem und klärt den Kopf.

Während im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft im November abertausende Kraniche auf ihrer Reise in den Süden gastieren, wird das Wattenmeer bei Schleswig-Holstein zum Vogelzug in Herbst und Frühjahr zum vogelreichsten Gebiet Europas. Hier pausieren viele seltene Arten. Gute Beobachtungs-Spots sind die Naturschutzzentren des Nabu. Sie können aber auch so durchs Watt spazieren, das im Herbst windiger und rauer, aber durchaus reizvoll ist. Und später bei einem Tee oder einer „Toten Tante“, so nennt man im Norden ein Kakao-Heißgetränk mit einem Schuss Rum, wieder aufwärmen.

Oder Sie lassen alles fallen und streifen bei einem Besuch in einer Therme oder einem Wellnesshotel noch den letzten Rest Alltagssorgen ab. Über 350 Heilbäder und Kurorte gibt es in Deutschland – auf Ihrer Herbstreise wird immer eine Therme in der Nähe sein! Nur ein paar Beispiele: Im bayerischen Erding empfängt Sie Deutschlands größte Therme mit staatlich anerkanntem Heilwasser. Und kommen Sie zufällig gerade von einer Herbstwanderung im Naturpark Nassau, dann liegt die Therme in Bad Ems mit 15 Heilquellen nahe – sogar mit schwimmender Sauna.